Oscar (29)

Dr. rer. nat.
Single:

Ich fra­ge mich, was ich da eigent­lich mache die gan­ze Zeit.


O fuck, wie­der so eine üble Nacht.
Unru­he, Gedan­ken­ka­rus­sell, im Mor­gen­grau­en ein kur­zer Traum, von dem ich nur noch weiß, dass ich an ein Mikro­skop gefes­selt war.

Jetzt ist Zeit, ins Labor zu fah­ren — und ich habe sowas von kei­ne Lust.

Ja okay, die Ver­suchs­rei­he läuft, und anschei­nend ste­hen wir end­lich kurz vor dem erfolg­rei­chen Abschluss — aber ich kann mich über­haupt nicht freu­en oder gar stolz sein über die Ergeb­nis­se. Ich fra­ge mich, was die­se For­schung für einen Sinn hat, was ich da eigent­lich mache die gan­ze Zeit in die­sem super­mo­dern aus­ge­stat­te­ten Insti­tut unter Tage.
Wir bekom­men sämt­li­ches Mate­ri­al und Equip­ment, was wir bestel­len, noch dazu ohne die übli­che War­te­zeit bei Anträ­gen, ich bin mit E15, Klas­se 2 ein­ge­stuft — als Einsteiger!

Habe ich mei­ne See­le ver­kauft? Für frei­es For­schen und gutes Geld?

Am Anfang sah eigent­lich super aus: stu­di­en­be­glei­tend die Pro­mo­ti­ons­stel­le, Dok­tor­ti­tel nach dem Bache­lor — dann einer der heiß begehr­ten Jobs in der For­schung. Ich war vol­ler Selbst­ver­trau­en und total zufrie­den mit mir — und jetzt fühlt es sich nur noch falsch an. Ich will dort raus.
Mit wem kann ich dar­über sprechen?

Mei­ne Eltern wer­den nur ent­täuscht sein — oder mich gar verachten.
Sue, mei­ne Freun­din, kann ich nicht ein­schät­zen an dem Punkt, ich weiß zumin­dest, dass sie unse­ren Lebens­stan­dard (also mein Ein­kom­men) genießt und erwar­tet, dass das so weitergeht.
Die Kolleg:innen? Ihnen geht es vor allem um das Wei­ter­kom­men, sie wol­len neue Pro­jek­te und haben die­se Zwei­fel nicht.

Was kann ich mir denn sonst noch vor­stel­len? Bis­lang lief alles wie geplant, immer gera­de­aus. Jetzt kann ich das Ziel die­ser Rei­se nicht mehr sehen.

Wo will ich denn hin mit mei­nem Leben? Wel­chen Sinn kann es haben? Es liegt doch noch so eine lan­ge Zeit vor mir!